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AutorenbildGabi Quiatek

Mein Schottland - Dein Schottland

Ein ungewöhnlicher Frage- und Antwort-Blogpost zum Mitmachen


Die Saison 2025 startet voll durch, die Anfragen laufen auf Hochtouren. Es ist immer wieder eine Herausforderung, die Wünsche der Menschen, die Schottland besuchen wollen, herauszufinden, um daraus die perfekte Reise zu stricken.

Je mehr ich selbst in Schottland unterwegs war und bin, desto mehr oder anders bemesse ich den „Wert“ der Dinge, die man in diesem Land entdecken und erleben kann. Eigentlich trifft das auf jedes Land zu, indem man sehr oft war.

Alles wird genau, doppelt und dreifach unter die Lupe genommen. Einige Orte bekommen eine zweite und dritte Chance, schön gefunden zu werden, wenn es beim ersten Mal nicht geklappt hat.

Bislang ist es leider oft so gewesen, dass es dann auch beim zweiten oder dritten Male nicht gefunkt hat.

Und dann kommt ein Interessent und möchte genau diesen Ort besuchen.

Weil der Name so magisch ist, weil dort schließlich alle hinfahren, weil es in jedem Reiseführer steht und weil man Schottland nicht gesehen hat, wenn man genau DAS nicht gesehen hat.

Wie heißt es so schön in Dietmar Bittrichs Buch (Dann fahr doch nach Hause): „Wie, Du warst in …(Schottland) und hast … (Loch Ness) nicht gesehen?“

Ich hab‘s  jetzt mal in Schottland umgedichtet, um es auf mein Thema zu bringen.

Loch Ness ist für mich zum Beispiel ein See, ohne den ich durchaus überleben kann.

Die A82 führt am Westufer entlang und ist eine sehr wichtige Verbindungsstraße, die demzufolge auch rege von LKW genutzt wird. Wie oft habe ich dort im Stau gestanden und dabei noch nicht einmal viel vom See gesehen.

Ganz abgesehen davon, dass es natürlich ein Unding ist, dass hier LKW überhaupt Ware hin und her transportieren, wenn ICH doch dort gerade eine idyllische Reise vollziehen möchte!

Wer nun die Ironie im Satz nicht herausgelesen hat, dem sei gesagt: Es war ironisch gemeint.

Natürlich dürfen LKW dort fahren, vorausgesetzt, sie haben Tunnock‘s Tea Cakes an Bord, ohne die für mich das Überleben schon etwas schwerer wäre…

Es gibt die Burgruine Urquhart Castle am See, und sie ist schon interessant. Doch deswegen fahren auch alle hin, und dann klappt es mit dem Instagram-Foto nur mit mir und der Ruine allein nicht mehr so ganz perfekt. Du weißt es ja jetzt mit der Ironie, und wenn Du jetzt denkst, fotografier‘ dich doch einfach ganz allein, dann hast  Du auch eine alte Ruine im Bild, dann ….. stimmt das, aber wäre auch ganz schön gemein.

Und nun kommt ein Gast, der eben genau das in seine Schottlandreise eingebaut haben möchte.

Gibst Du mir Argumente an die Hand, warum er sich genau das ansehen sollte und keinen anderen See?

Wie ist hier DEIN Schottland? Ist es Loch Ness? Und wenn Du noch nie dort warst, wie stellst Du ihn dir vor? Welche Erwartungen hast Du?

Bestandteil fast jeder Schottlandanfrage ist ebenfalls Fort William.

Ich möchte dringend erwähnen, dass ich hier die rein touristische Sichtweise vertrete und völliges Verständnis habe, wenn sich jemand zum Auswandern und Leben Fort William ausgesucht hat, weil seine Alltagsbedürfnisse selbstverständlich ganz andere Prioritäten haben als die des Touristen.

Leider gefällt mir auch Fort William nicht so gut, und damit meine ich den Ortskern selbst. Von Süden aus kommend gibt es eine Phalanx an Hotelreihen, die meisten davon nicht so ganz besonders toll und hoch frequentiert von Busreiseveranstaltern, die hier einbuchen, weil es zum einen im Umfeld nicht viele große Hotels gibt und man woanders empfindlich mehr Geld ausgeben muss und damit seine Reise nicht mehr attraktiv kalkulieren kann.

So zum Beispiel in der etwas weiter gelegenen Whispering Pine Lodge, der ich durchaus eine Empfehlung geben kann.

Aber man verzichtet dann anscheinend lieber auf ein besseres Maß an Komfort.

Ich möchte das eben nicht.

Auch ich veranstalte Busreisen und suche mir dann lieber die Hacken ab, um irgendwo was Schöneres zu finden. Und glaube mir, das ist verflixt schwierig.

Einmal, und wirklich nur ein einziges Mal habe ich eine Gruppe in solch einem typischen Gruppenhotel untergebracht, das war in Blairgowrie.

Es war einfach in der Region nichts anderes Freies zu finden.

Ich war schon angenervt, als man mir beim Check in sagte, die ganze Gruppe hätte bitte schön zu einer festen Zeit beim Frühstück zu erscheinen.

Das dürfen sich sonst meine Gäste eigentlich gern selbst aussuchen, ob sie früh, spät, langsam oder schnell frühstücken. In solch einem typischen Gruppenhotel ging das nicht. Zum Abendessen saßen wir in einem riesigen Ballsaal zusammen mit noch 3 anderen Gruppen. Das fand ich einfach unmöglich.

Noch andere Touristen in dem Hotel als meine? Na sowas!!

Spaß, mal wieder, aber im Ernst, das war einfach viel zu viel unpersönliche Masse.

Und dann führt eben diese Hotelreihe nach Fort William hinein, und was finde ich dann dort? Hauptstraße rauf und runter. Ausblick auf den See, es ist der Loch Linnhe, und als Ausgangsbasis für Wanderungen auch sicher in Ordnung, aber soll ich dafür in dieser (für mich) von der Struktur her unattraktiven Stadt wohnen? Lieber ein wenig mehr raus in die Umgebung fahren.

Aus meiner Liste der Begehrlichkeiten fällt also auch Fort William raus.

Wie ist hier DEIN Fort William? Warum fährst Du genau dort hin? Oder warum ist es genau dieser Ort, der für Dich so magisch klingt, dass eine Reise ohne einen Aufenthalt dort wertlos wäre?

Oh ja, fast vergaß ich den Harry-Potter-Zug, der im wahren Leben Jacobite Steam Train heißt. Er fährt in Fort Wiliam ab, und das kann ich natürlich nicht als Argument missachten.

Kommen wir zu Aberdeen.

Was ist Dein Argument für Aberdeen?

Ich habe der Stadt drei Chancen gegeben. Es springt aber kein Funke über. Es ist Schottlands Ölstadt. Du ahnst es schon, auch das ist eher nichts für mich.

Von meinem ersten Besuch Anfang der 1990er Jahre hatte ich folgende Szenerie in Erinnerung: Eine große, ausladende Treppe mit Blumenschmuck, einen Kiltmaker und viel hellgrauen Granit.

Da ich damals auf einer Gruppenreise nicht viel Zeit hatte (hat man als Reiseleitung fast nie), wollte ich nochmal hin. Da der Besuch wegen zu viel Regen buchstäblich ins Wasser gefallen war, gab es den dritten Anlauf vor 2 Jahren. Es war dann eine Gebäudezeile, das Marischal College,  mit einer wirklich imposanten hellgrauen Grantifassade, die mich auch wirklich fasziniert hat.

Aberdeen hat den Beinamen „Granite City“.

Ich mag halt Sandstein lieber.

Aber da ist dann einfach auch dieses Bauchgefühl, und ein Bauch kann nur Signale senden, aber nicht sprechen, sonst hätte er mir ganz sicher einen logischen Satz entgegengeworfen, den ich hier zitieren könnte, um zu beschreiben, warum mir die Stadt nicht so gut gefällt.

Will nun mein Kunde Aberdeen unbedingt sehen, denke ich immer: Warum? Fahr doch lieber an die Küste nördlich oder südlich davon.

Was ist also Dein Aberdeen?Warum möchtest Du dorthin? Was fasziniert dich daran, oder wie sind Deine Erwartungen daran?

Als Nächstes befasse ich mich nochmal mit einem „Ness“. Inverness.

„High ranking“ bei allen Reisewünschen. Es hat wahrscheinlich wieder mit diesem Hauch von Monster zu tun, das übrigens in frühen Zeiten tatsächlich in Inverness gelebt haben, aber vom  Mönch Columba in den Loch Ness vertrieben worden sein soll.

Bei meinem ersten Besuch dachte ich noch, ich möchte mir unbedingt die Burg anschauen. Das ging aber nicht, weil sie gar nicht für die Öffentlichkeit zugänglich war. Und gefühlt Jahre war es eine Baustelle, bei der ich nicht richtig zuordnen konnte, was das werden sollte.

Nun weiß ich es und komme gleich noch einmal darauf zurück, denn nun überlege ich doch schon wieder, ob ich noch einmal hinfahre.

Als Einkaufsstadt hat es mich ein wenig enttäuscht, denn die Auswahl war mäßig und der Leerstand groß. Ja, das ist ein Phänomen in vielen Städten der Welt, das ist mir auch klar, und es ist sehr schade.

Bei einem weiteren Besuch habe ich mich mehr am Südufer des Flusses aufgehalten, wo es sehr schöne Häuser gibt. Doch oh weh, bei der St Andrews Kathedrale stapelten sich die Busse mit Kreuzfahrt-Landausflüglern.

Zu denen gehörte ich ebenfalls, denn ich hatte eine Gruppe an Bord und wollte ursprünglich gar nicht Inverness in den Ausflug einschließen. Doch es wurde gefragt, ob wir denn nicht Inverness anschauen können. Ok, dachte ich, die Frage war klar, also packen wir das noch rein.

Und das Desaster nahm seinen Lauf. Wir bekamen keinen Parkplatz und unser schottischer Busfahrer ließ uns dann an irgend einer Straßenecke aussteigen und sammelte uns später wieder ein.

Man gibt ein Eintrittsgeld bzw. eine Spende, und der Herr an der Kasse war dermaßen überfordert, dass er froh war, als ich für die ganze Gruppe zusammen bezahlte. Es waren einfach viel zu viele Menschen dort. Jeder Pfarrer würde sich wahrscheinlich schon über 10% dieser Massen im Gottesdienst ein Loch in den Bauch freuen.

Apropos Loch. Ab 2025 sollen also die „Baulöcher“ im Inverness Castle geschlossen sein und das Inverness Castle Experience eröffnet werden.

Auf dieser Webseite https://invernesscastle.scot/ kannst Du Dir anschauen, was Du dann erleben wirst . Für mich hört es sich so spannend an, dass ich der Stadt noch einmal eine Chance geben  möchte. Auch von einer Dachterrasse ist die Rede. Die Aussicht muss grandios sein.

Und damit das hier nicht in ein „Inverness Bashing“ ausartet, sei angemerkt, dass die Umgebung der Stadt natürlich einmalig ist.

Und allein die Lage am Great Glen mit der Fantasie, dass hier Schottland wirkt als würde es in zwei Teile gerissen, ist fantastisch.

Mir geht es jedoch bei meiner Einschätzung um die Stadt an sich, ihre Gebäude, Architektur und Geschäfte.

Wie ist denn DEIN Inverness?Was zieht Dich dorthin oder was erwartest Du dort zu sehen?

Nun wird die Liste, und damit der Blogpost, allmählich lang. Es gibt schon noch weitere Dinge in Schottland, die mich nicht vom Hocker gerissen haben. Obwohl, ist denn überhaupt ein Land dazu da, den Touristen mit allem und ständig vom Hocker zu hauen? Ich denke nicht.

Dennoch geht meine Liste weiter.

Vielleicht sollte ich zwischenzeitlich einmal betonen, dass ich abgesehen von den Dingen auf meiner „Für-mich-nicht-so-toll-Liste“ alles, einfach alles an Schottland liebe.


Dundee.

Meine alte Freundin Bobbie, leider dieses Jahr verstorben, hat mich wer weiß wie oft aufgefordert, nein, sie hat es mir quasi schon befohlen, endlich das Victoria&Albert-Museum in Dundee zu besuchen. Von außen hatte ich es im Vorbeifahren schon gesehen. Ein imposanter moderner Bau. Sie musste Recht haben, da muss ich hin.

Und das passierte, während ich mich für ein paar Tage im Taypark Hotel  am Stadtrand auf meiner Workation-Reise eingebucht hatte. Übrigens auch eine Empfehlung, und das nicht nur, weil ich dort die leckerste Süßspeise zum Frühstück bekam, die ich je in meinem Leben gegessen hatte. Zugegeben, ich esse gar keine Süßspeisen zum Frühstück, also habe ich keine Vergleiche. Aber es war göttlich!

Das V&A jedoch, damit konnte ich gar nichts anfangen. Ich betrat den Bau und stellte fest, gleich im Erdgeschoss: Viel große Halle und kaum was drin. Damit tue ich mich schwer. Ich hatte wohl eine Atmosphäre wie in der Londoner Hauptstelle erwartet.

Im Obergeschoss dann auch nicht ganz so viel mehr. Eine in eine Art Kristall eingebaute Whiskyflasche erregte meine Aufmerksamkeit. Und eine Tapestry war ausgestellt. Das war nett, beschäftigte sich aber ausschließlich mit der Geschichte der Jute-Stadt Dundee und war mir nicht vertraut. Für die Bewohner wird es toll sein.

Auch hatte ich bereits die Great Tapestry of Scotland in Galashiels gesehen und zog Vergleiche, was ich nicht hätte tun sollen.

Weiterhin gab es eine Ausstellung über Skizzen mit Kleidungsentwürfen diverser Modedesigner und ihre Unterschriften. Dazu eine Postkartensammlung, bei der ich mich schon gar nicht mehr an die Motive erinnere.

Ich bin halt kein Museumsgänger, das stelle ich mal wieder fest.

Burgen und Herrenhäuser sind auch Museen, aber sowas gefällt mir natürlich. Vielleicht bin ich eher der Mittelalter- bis Klassiktyp. Sorry, auf der Insel wird die Klassik mit Georgianischem Stil bezeichnet.

Beide mag ich sehr, und deswegen liebe ich auch Edinburgh.

Was also zieht den Besucher nach Dundee?

Für mich kann es die leckerste Frühstückssüssigkeit nicht sein, genauso wenig wie ein tolles ELO- Experience-Konzert, das ich vor lauter „Ich-weiß-nicht-was-ich-hier-machen-soll-Frust“ gebucht hatte.

Dieses sich für 2 Stunden Zurückschießen in meine Jugend war super!

Was ist nun DEIN Dundee? Ich bin sehr gespannt.

Last, but not least, bin ich kein Freund von Glasgow.( Au Mann, die findet anscheinend gar nichts gut. Doch, tue ich).

Das ist wieder so ein Bauchgefühl und nicht in logische Worte zu kleiden.

Zunächst einmal mag es daran liegen, dass ich selbst aus einer Industriestadt komme, die allerdings derer beraubt und einem Strukturwandel unterzogen wurde. So erging es oder ergeht es auch Glasgow. Dort sind am Fluss Clyde noch Relikte aus der Blütezeit als Werft zu sehen, genauso wie meine Heimatstadt noch Reste eines Hochofens bewahrt hat, die heute zur Besichtigung stehen. Man soll sie, da sie zur Geschichte gehören, auch um Gottes Willen nicht abreißen. Nichts liegt mir ferner. Und deswegen soll Glasgow auch gern seinen alten Hafen-Kran behalten, aber für mich ist sowas nicht sehenswert oder speziell Schottland typisch.

Oder zumindest  erst dann einen Besuch wert, wenn man im Land schon sehr, sehr viel gesehen hat. Oder sich eben für Industriekultur interessiert. Doch dann lade ich Dich ein, einfach mal nach Dortmund zu kommen.

Ab Dezember ergänze ich nämlich die Liga der Kurzzeitvermieter und biete zwei Apartments in unmittelbarer Hochofen-, Messe- und BVB-Stadionlage. Vielleicht zieht es Dich mal hierher.

Es soll aber weiter um Glasgow gehen.

Industriekultur ist halt nicht neu. Ding, habe ich zu Hause genügend.

Dann gibt es dort die Kelvingrove Art Gallery. Zugegeben, das ist ein schöner Bau, backsteinrot und wie ein Schloss. Ich war auch drin, aber Du kennst jetzt bereits meine Meinung zu solchen Museen.

Auch das Gebäude der Uni in der Stadt ist schön. Die Kathedrale sicher auch, wenn man noch nicht viele andere gesehen hat.

Hier bin ich wohl zu vorbelastet und würde St Mungos Bauwerk ein wenig hintenan stellen. Weit davor kommt für mich St Giles in Edinburgh und in England Salisbury Cathedral, Ely, Chichester, Exeter, York, Lincoln….. Doch genug davon, die Liste wäre zu lang.

In Glasgow liegen halt die Sehenswürdigkeiten recht weit auseinander und nicht so geballt wie in Edinburgh.

Das ist so, und mich interessiert mal wieder, wie Du DEIN Glasgow empfindest.

Was hat Dich hier begeistert, dass Du immer wieder zurückkehren würdest? Oder was erwartest Du von dieser Stadt?

Nun, vermutlich habe ich noch etwas vergessen. Wick und Thurso zum Beispiel, die dem Touristen ein wenig wie Geisterstädte vorkommen mögen. Dich hier arbeiten die Menschen halt für ihren Lebensunterhalt und müssen nicht alle für den Touristen die architektonischen Schätze und lauschigen Eckchen bereithalten. Wir sind ja schließlich nicht in einer Fantasieblase, sondern im richtigen Leben.

Und nein, ich habe nicht vergessen, dass Schottland, wie jedes andere Land, nicht für Touristen geboren wurde.

Ich nehme mir nur mein Recht auf Subjektivität als Privatperson. Eine Subjektivität, die natürlich zwangsläufig in meine Arbeit als Touristikerin einfließt, ob ich will oder nicht.

Und gerade deshalb ist es für mich von unschätzbarem Wert, auch Deine Meinung zu hören.

Deine Subjektivität.

Dann mischt sich das und ergibt bestimmt wunderbare neue Reiseideen.



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